Biodiversität
beratung und Vorträge zu den themen Artenvielfalt und Naturgarten
Naturnah
Was bedeutet eigentlich "naturnah"?
Dem Wortsinn nach: "Nahe an der Natur". Und genau das ist es, was wir als Naturgartengestalter versuchen: Die Natur in ihrer intakten Vielfalt nachzubilden. Im Garten, auf öffentlichen Flächen, auf gewerblichen Flächen, etc.
Dabei sind heimische Pflanzen die Basis. Denn von jeder einheimischen Pflanze hängen im Schnitt zehn verschiedene Wildtiere (Insekten, Amphibien, Reptilien, etc.) ab. Als Futterpflanze oder Nistplatz etwa. Mit fremdländischen Pflanzen dagegen kann unsere hier heimische Fauna nichts anfangen.
Daneben werden Lebensräume nachgebildet. Das können z. B. Sandhaufen sein in denen Eidechsen Eier ablegen, Steinhaufen als Unterschlupf und Winterquartier. Temporäre und dauerhafte Teiche für Amphibien, Holzstrukturen für Käfer, usw.
Noch mehr zum Thema Biodiversität in Gärten vom Bayerischen Landesamt für Umwelt: https://www.lfu.bayern.de/natur/bayaz/gartenvielfalt/index.htm
Artensterben
Das Thema Artensterben geht uns alle an. Ob wir noch was retten können? Ungewiss. Ob wir es versuchen sollten? Außer Frage!
Viele Menschen haben noch gar nicht bemerkt, wie schlimm es um unsere Artenvielfalt steht. Dies drückt sich auch in der Gestaltung vieler Gärten aus: Steril und tot, vollgestopft mit fremdländischen Pflanzen. Von jeder heimischen Pflanze jedoch – so sagt man – hängen im Schnitt zehn unterschiedliche Tierarten, überwiegend Insekten, ab. Viele mehr profitieren davon.
Als einzelner Mensch können wir den Trend des Artensterbens nicht umkehren, mit einem naturnah gestalteten Grundstück können Sie jedoch einen echten Beitrag leisten, dem Artensterben entgegen zu wirken! Ihr Garten kann also mehr sein, als nur ein nett anzusehendes Stückchen Grün! Es kann Ihnen und vielen Tieren und Pflanzen eine Heimat sein, eine Heimat, die immer rarer wird. Sind Sie dabei?
Biodiviersitäts-beratung
Biodiversität bedeutet in etwa "Vielfalt des Lebens". Vielfalt folgt Vielfalt. In vielen Gärten sehen wir wenig Vielfalt, sondern die immer gleichen, oft fremdländischen Pflanzen. Sie bringen nichts für die biologische Vielfalt des Lebens.
Naturnahe Flächen gestalten wir daher mit …
- der Vielfalt heimischer Pflanzen (Stauden, Gehölze)
- verschiedenen regionalen Baustoffen: Schotter, Sande, Kiese, Lehm, Steine, Totholz, etc.)
- möglichst unterschiedlichen Standorten (Schatten, Sonne, Trocken, Feucht, etc.)
- vielen verschiedenen Strukturen (Wasser als Teiche, Bachläufe, Sickermulden; Geländemodellierung als Hügel und Täler, Senken und Abbruchkanten; Mauern, Fassadenbegrünung, etc.)
… dies ergibt eine Vielzahl an Lebensräumen für Pflanzen und Tiere!
Es gibt dutzende Flächen, die einer ganz bestimmten Nutzung unterliegen, landwirtschaftliche Nutzflächen etwa, die das Artensterben immer noch extrem fördern – leider. Es gibt jedoch auch überwältigend viele Flächen, die ohne Pestizide und artenschädlicher Pflege ein hohes Potential zur Förderung der Artenvielfalt beitragen könnten:
- Öffentliche Flächen
- gewerbliche Grünflächen
- Außenanlagen von Schulen und Kindergärten
- Spielplätze
- Privatgärten
- etc.
Sie möchten gerne erfahren, wie diese Flächen so gestaltet und gepflegt werden können, sodass die Biodiversität davon profitiert, sozusagen als "kleine Oase des Lebens"?
Egal, ob Sie gerne nach der Lehre der "Naturgartengestaltung", geprägt durch R. Witt, Ulrike Aufderheide und Kollegen arbeiten wollen oder nach dem Drei-Zonen-Modell von Markus Gastl: Beauftragen Sie mich und profitieren Sie von meiner Expertise in verschiedenen Bereichen!
Für Anfragen oder Terminvereinbarungen erreichen Sie uns unter: +49(0)151-62 42 19 18 oder info[@]naturgartenexperte.de
Blüh vs. Wild
Der Begriff Blumenwiese war früher recht klar definiert. Er bezeichnete eine Wiese aus heimischen Wildblumen und Wildgräsern. Heute hören wir immer wieder den Begriff "Blüh-Wiese" oder "Blüh-Streifen".
Üblicherweise wird damit eine Fläche blühender Pflanzen bezeichnet, im Unterschied zur Wildblumenwiese enthalten ausgebrachte Mischungen oft neben blühenden nicht heimischen Pflanzen, die also weniger Nutzen für heimische Insekten haben (siehe Heimisch vs. Exotisch), auch Sorten, welche im Vergleich zu den wilden Originalen oft andere Eigenschaften aufweisen. So verbreitet sich etwa eine Sorte des heimischen Hornklees, enthalten in manchen Mischungen, so stark, dass nach einigen Jahren nur noch Hornklee die Flächen dominiert.
Manchmal sind auch andere extrem ausbreitungsstarke, fremdländische Arten in diesen "Blühmischungen" enthalten, beispielsweise die Blaue Saat-Luzerne. Oft sind diese Ligominosenarten in Mischungen zur Gründüngung enthalten. Als Blühstreifen ausgebracht wird das Ergebnis einer artenreichen Blumenwiese niemals erreicht. Nach wenigen Jahren findet sich stattdessen eine Luzernen-Monokultur auf der aufwändig angelegten Fläche, die weder sehr nützlich ist, sieht man von manchen Bienen und Hummeln einmal ab, noch schön anzusehen ist.
Daher ist Artenvielfalt heimischer Pflanzen nur mit zertifiziertem Wildblumensaatgut (VWW) zu erreichen und dann sprechen wir von Wildstauden-Beet, -Streifen, -Saum oder eben Blumenwiese und nicht Blühwiese. Besser, Sie werden beim Befriff "Blüh" stutzig, sonst haben Sie später das Nachsäen bzw. die Neuanlage zur Aufgabe.
Heimisch vs. Exotisch
Hecken aus Thuja (USA), Kirschlorbeer (Türkei) oder Rhododendron (Eurasien / Nordamerika), Staudenbeete mit Präriestauden wie dem Sonnenhut (USA), Cosmeen (Asien, Afrika), Hortensien (Asien) und auf den Fenstersimsen Geranien (Afrika). Das gehört vielerorts, ja fast in ganz Europa, zum Standard-Repertoire. Abgesehen davon, dass sich so die verschiedenen Gärten doch gähnend langweilig gleichen, finden wir immer weniger überhaupt blühende Pflanzen in den Gärten. Das bedeutet: Auch immer weniger Nahrung für unsere Insekten!
Wenn man bedenkt, dass wir alle gerne den Vögeln im Garten lauschen, manche von uns sich über die nächtliche Sichtung eines Igels freuen, dann dürfen wir nicht vergessen, dass Insekten die Nahrung dieser uns lieb gewonnenen Gartenbewohner sind. Ohne Insekten also keine Vögel, keine Amphibien, auch keine Reptilien oder Säugetiere in unseren Gärten oder unserer Landschaft! Ein trauriges Bild?
Die meisten "Gestaltungselemente" des klassischen Gartenbaus fördern die Vielfalt der Insekten nicht und damit auch nicht die Vielfalt anderer Lebewesen. Toter Rasen zum Beispiel, der mehrmals die Woche mit einem Rasenmäher kurzgehalten wird, reduziert bei jedem Mähgang nicht nur die potentiellen Blüten im Rasen, er vernichtet auch 90% aller Tiere, die sich zum Zeitpunkt der Mahd auf der Fläche befinden. Das wird ein trauriger Gang des Igels in der kommenden Nacht!
Wenn wir weiterhin bedenken, dass etwa 90% unserer pflanzenfressenden Insekten von den bei uns heimischen Wildpflanzen abhängen, wird es sehr traurig, wenn man einen konventionellen Garten betrachtet, oder?
Sie fragen sich, wieso 90% aller Insekten von bestimmten Pflanzen abhängen. Das ist ganz einfach: Pflanzen sind nicht besonders scharf darauf, aufgefressen zu werden. Was hätten Sie davon? Daher produziert jede Pflanze verschiedene Giftstoffe, um sich Fressfeinde "vom Leibe" zu halten. Über viele Jahrtausende der Evolution haben es aber immer einige Insekten geschafft, die sog. "Beißschranke" zu überwinden! Sie neutralisieren die Gifte und können so Pflanzenteile einiger Pflanzen verwerten – jede Insektenart eine Andere, einige wenige sogar mehrere. Die meisten Pflanzen jedoch sind für sie giftig – gerade mit fremdländischen Pflanzen können unsere heimischen Insekten also logischer Weise nichts anfangen, da diese Pflanzen erst durch das Zutun des Menschen seit einer sehr kurzen Zeitspanne unsere Gärten und Parks, öffentlichen Anlagen und Firmenflächen zieren.
Tauscht man also einen heimischen Faulbaum, welcher die Futterpflanze des Zitronenfalters ist, gegen einen türkischen Kirschlorbeer, mag man damit im Trend liegen oder einfach nur aufgrund völliger Ahnungslosigkeit die nächst beste Pflanze aus dem Gartencenter gewählt haben – dem Zitronenfalter jedoch wurde die Lebensgrundlage genommen. Und so verhält es sich mit jedem einzelnen Insekt. Und das nicht nur bei Gehölzen, sondern selbstverständlich auch bei Stauden. So können Sie Knoblauchsrauken vielleicht für ein Unkraut halten, ohne sie oder Wiesenschaumkraut im Garten, doch dann werden Sie dem Arorafalter keine Chance geben, sich zu vermehren, usw.
Sie sehen also, heimische Tiere haben mit heimischen Pflanzen eine untrennbare Verbindung. Fehlt das Eine, fehlt auch das Andere.
Müssen Sie deshalb auf die Schönheit in Ihrem Garten verzichten und auf jede fremdländische Pflanze? Natürlich nicht! Erstens lässt sich mit heimischen Pflanzen, da es eine Vielzahl von ihnen gibt, so gut wie jede gestalterische Aufgabe lösen und zweitens sei Ihnen die eine oder andere Pflanze gegönnt, an der ihr Herz hängt, solange sie nicht invasiv (heimische Pflanzen verdrängend) ist. Sie werden sich vermutlich ohnehin bald neu verlieben, wenn Sie bemerken, wieviel mehr heimische Pflanzen im Stande sind zu leisten, wenn man nicht nur ihre Blüte bewundern, sondern auf ihr auch einen tollen Schmetterling oder eine noch nie gesehene Biene entdecken kann!
Invasiv
Viele Pflanzen sind im Laufe der Geschichte aus verschiedenen Gründen nach Deutschland importiert worden. Sei es, weil sie versehentlich als Samen mitgebracht wurden, sei es, für dekorative Zwecke in Gärten. Die meisten dieser Pflanzen verhalten sich unauffällig, sind vielleicht in unseren Breiten nicht winterhart und schaffen so den Sprung in die freie Natur ohnehin nicht. Es gibt aber Ausnahmen. Einige Pflanzen, oft aus Asien, schaffen es, sich außerhalb unserer Gärten zu etablieren. Die meisten davon richten dabei jedoch keinen Schaden an. Leider gibt es auch eine Handvoll fremdländischer Pflanzen, die sich hier übermäßig verbreiten. Sei es, weil sie keine Konkurrenz vorfinden oder die Fressfeinde, welche sie in ihrem Herkunftsland in Schach halten, hier schlichtweg fehlen.
Diese sog. "invasiven Neophyten" werden wir nur schwerlich wieder los werden, da sie sich zumeist schon so weit verbreitet haben, dass ihnen kaum mehr beizukommen ist. Trotz der Tatsache, dass diese Pflanzen heimische Verdrängen und in Massen auftreten können sie – unverständlicher Weise – immer noch in Gartencentern gekauft werden, als sei das Problem nicht schon groß genug!
Im Naturgarten finden diese Pflanzen daher keine Verwendung, da wir zwar, wie oben gesagt, die Verbreitung kaum mehr aufhalten können – ihnen aber – sei es aus ideologischen Gründen – zumindest keinen weiteren Vorschub leisten wollen, indem wir sie setzen.
Es gibt Listen der invasiven Neophyten im Internet. Hier seien nur einige genannt, nach denen ich immer wieder gefragt werde, ob ich sie setzen würde, wobei ich stets verneine.
Schmetterlingsflieder (Buddleja davideii), Kartoffelrose auch Syltrose genannt (Rosa rugosa), Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus), etc.
Klimawandel
Der Klimawandel ist in vollem Gange. Auch wenn sich einige Menschen weigern, dies anzuerkennen, ist doch unschwer zu erkennen, dass sich Jahreszeiten verschieben, Schneefall der länger liegen bleibt im Flachland die Ausnahme als die Regel ist und Rasen, der früher nur in Ausnahmen gewässert wurde, heute ohne Wässern nicht mehr existieren kann. Doch wo führt uns das hin, wenn wir auf Bewässerungsysteme setzen und damit unsere Grundwasserreserven ausbeuten? Irgendwann geht auch das nicht mehr und auf Trinkwasser sind wir wohl oder übel angewiesen!
Und was bedeutet das für den Naturgarten? Natürlich gehen diese Veränderungen auch am naturnahen Garten nicht spurlos vorüber, doch Gießen ist out! Und fremdländische, vermeintlich trockenheitsverträglichere Pflanzen machen das Problem des Artensterbens nur noch größer (siehe Heimisch vs. Exotisch). Im Gegensatz zum Rasen sind Stauden einer heimischen Wiese glücklicherweise noch lange grün und blütenreich, deutlich länger als Rasen oder Wechselflor, der ohne tägliches Wässern kläglich vertrocknet.
Wiesen und Säume mit heimischen Wildstauden stehen auch in trockenen Jahren noch gut da! Sie kommen mit unter zwar schon einige Wochen früher in die Samenreife und Blüten im späten Sommer und Herbst werden rar ohne Bewässerung, doch ein Totalausfall ist nicht zu befürchten. Es genügt uns also, sogar im Klimawandel, heimische Pflanzen zu verwenden! Zur Ergänzung können wir vielleicht in Europas heißere Regionen blicken und einige der zumindest in Europa heimischen Pflanzen ergänzen, anstatt zu Arten aus Amerika, Asien und Afrika zu greifen.
Und wenn es ganz hart kommt? Naturnahe Staudenpflanzungen regenerieren sich auch nach einem Ausfall erstaunlich schnell, sobald wieder mehr Regen fällt. Im Gegensatz zum konventionellen Gärtnern sind Wildstauden dynamisch und vermehren sich über ihre Samen, während Stauden klassischer Gartenanlage meist steril sind und nachgepflanzt werden müssen.
Da heimische Stauden Jahrtausende in unseren Breiten existieren und zum Teil echte Hungerkünstler sind, trotzen sie auch Dürreperioden erstaunlich gut. Wozu also auf fremde Arten oder Bewässerungsysteme setzen?
Naturgarten
Natur ist das, was ohne des Zutun des Menschen heute da draußen zu sehen wäre. Seit ca. 10.000 Jahren, als die menschliche Zivilisation begann, sind wir immer weiter von dem weggekommen, was echte Natur ist bzw. sein könnte. Wer also definiert, was Natur heute bedeutet, wo wir im Zeitalter des Anthropozäns, des menschgemachten Zeitalters, leben? Ist das, was wir da draußen heute sehen, keine Natur mehr?
Hat sich die Natur nicht über Jahrmillionen immer wieder angepasst? Wird sie das nicht wieder tun?
Wenn wir von Natur im Naturgarten sprechen, schauen wir zumindest auf die jüngere Vergangenheit unserer Natur zurück. In den letzten 200 Jahren war der Einfluss der modernen Zivilisation größer, als in den vorherigen 9.800 Jahren. Wir erleben das größte Artensterben seit dem Aussterben der Dinosaurier. Manche sind davon überzeugt, dass dieses Artensterben auch uns Menschen mitreißen wird.
Egal, wieso Sie sich für einen naturnahen Garten entscheiden, Sie entscheiden sich dazu, die Natur wieder in Ihren Garten einzuladen. Die Natur, die noch übrig ist – und diese Natur zu fördern, mit allem, was möglich ist.
Unsere heimischen Pflanzen haben sich über Millionen von Jahren entwickelt, ebenso unsere Tiere. Sofern wir sie noch nicht ausgerottet haben, können wir sie in unseren Garten holen. Selbstverständlich nicht alle und nicht überall …
Ein naturnah gestalteter Garten versucht jedoch soweit als möglich, intakte Lebensräume und Lebensgemeinschaften zwischen Pflanzen und Tieren nachzuahmen.
Dies erfordert viel Detailwissen und gute Planung – natürlich auch die Bereitschaft und das Wissen derer, die den Garten übernehmen, die Vielfalt zu erhalten und weiter zu fördern. Trauen Sie sich das zu? Einen Versuch ist es allemal wert für unsere heimische Natur einzustehen! Worauf warten Sie?
Pestizide & Dünger
Neueste Studien ergeben, dass Pestizide, die zum Beispiel auf Äckern zum Einsatz kommen, wenn sie versprüht werden, nur zu etwa 30% (bester Wert) von den Nutzpflanzen absorbiert werden. Wenn gebeiztes Saatgut zum Einsatz kommt, liegt der Wert noch geringer, bei etwa 5%. Was geschieht mit den restlichen 70 bzw. 95% der Pestizide? Sie verbleiben im Boden, werden bei Starkregen in Flüsse gespült oder zumindest an den Ackerrand, wo sie von Wildpflanzen, die dort manchmal noch wachsen, aufgenommen werden. Ein Giftcocktail, der sich in der Umwelt befindet und unseren wilden Insekten zum Verhängnis wird.
Das Selbe würde selbstverständlich auch im Garten passieren. Alleine der Einsatz von Schneckenkorn ist problematisch, da die darin enthaltenen Inhaltsstoffe sehr lange halten und sich im Boden und im Wasser anreichern können – entgegen aller Beteuerungen der Hersteller. Studien dazu zitiert Dave Goulson in seinen Büchern, u. A. in "Stumme Erde".
Daher sind Pestizide im Naturgarten selbstverständlich gänzlich zu vermeiden. Schlimm genug, dass sich mit ziemlicher Sicherheit auch in Ihrem Garten durch Windeintragungen und Ausschwemmungen bereits unbemerkt jede Menge Pestizide befinden. Also: Wenn wir unsere noch verbliebenen Insekten fördern möchten, ist der Einsatz von Pestiziden tabu!
Ähnlich wie mit Pestiziden verhält es sich auch mit Düngung. Sieht man von Festmistdüngung einmal ab, was durchaus im Gemüsebeet sinnvoll sein kann, ist Dünger immer von Nachteil im Naturgarten. Festmist oder die Hinterlassenschaften von Pferden, Rindern, Schafen und Ziegen können durchaus ihrerseits einen wichtigen Bestandteil im Leben eines Dungkäfers darstellen – sofern die ausscheidenden Tiere nicht vorsorglich mit Antibiotika oder Wurmmitteln behandelt wurden, welche für die Käfer ebenfalls von Nachteil wären. Doch unsere heimischen Wildpflanzen sind – abgesehen von der Düngergabe eines großen Grasfressers, wenn dieser sich erleichtert – auf magere Böden angepasst. Eine einzige Düngergabe ist im Stande, die bunte Vielfalt einer Blumenwiese dauerhaft zu vernichten. Unsere heimischen Pflanzen kommen kaum mit zu viel Stickstoff zurecht und würden verschwinden oder von starkwüchsigen, in gedüngter Form noch besser wachsenden, Gräsern, verdrängt werden.
Daher ist es im Naturgarten umso wichtiger, keinen Dünger zu verwenden und das Schnittgut auf sonnigen Flächen immer abzuführen, damit Licht auf den Boden kommt und sich keine Nährstoffe anreichern.
Pflanzungen & Ansaaten
Im klassischen Gartenbau wird gepflanzt. Von Ansaaten (mal abgesehen von Rasen) hat man hier noch nicht viel gehört. Es trennen sich hier die beiden Welten des klassischen Gartenbaus und Gärtners mit dem Naturgartenbau und der Naturgartengestaltung.
Im Naturgarten wird niemals nur eine Hecke gepflanzt und darunter Rindenmulch gekippt, damit alles "schön sauber" bleibt. Erstens tut es das nicht und zweitens ist hier viel Potential verschenkt! Einerseits, was die Gestaltung angeht – andererseits, was den Nutzen angeht. Oder haben Sie in der Natur schon einmal eine natürliche Fläche gesehen, die mit Rindenmulch bedeckt war? Nein? Sie meinen, Sie hätten eher Teppiche von Schneeglöckchen im Frühjahr bewundert und später im Jahr beeindruckende Blattstrukturen und Farne? Eben .
Genau diese Pflanzengemeinschaften werden in naturnahen Gärten durch Bepflanzung und Ansaat etabliert. Eine Hecke aus einheimischen Sträuchern erhält immer eine Unterpflanzung und / oder Ansaat heimischer Stauden. So werden die neu gepflanzten Sträucher vor dem Austrocknen geschützt, Sie erhalten sofort Sichtschutz (im Falle eines hochwüchsigen Saums) und über die Jahre etabliert sich mit Zwiebeln, Knollen, Rhizomen und Stauden eine schattenliebende Krautschicht oder ein halbschattiger Gehölzsaum.
Auch Staudenbeete werden neben der Bepflanzung immer eingesät! So wirkt die natürliche Dynamik. Bei schlechten Witterungsbedingungen, also zu viel oder zu wenig Regen, verzögert sich die Keimung der Samen und lässt die heimischen Stauden genau dann wachsen, wenn die Witterung passt. Die Lücken schließen sich durch die Ansaat schnell und Unkräuter haben wenig Chancen sich zu etablieren!
Auch, wenn bei einer längeren Trockenheitsperiode einmal Pflanzen ausfallen, entsteht aus dem Saatgut der Wildstauden schon bald eine neue Blütenpracht, die sich von Jahr zu Jahr etwas verändert. Diese natürliche Dynamik folgt der Unterschiedlichkeit der Jahre, mal trockener, mal feuchter – gerade im Klimawandel sind also naturnahe Praktiken quasi ein Garant für Langlebigkeit und Nachhaltigkeit in Sachen Gartengestaltung.
Regenwasser-Versickerung
Starkregen und Dürre nehmen zu, Normen für die Ableitung von Niederschlagswasser sind oft veraltet und sollen dafür sorgen, Niederschlagswasser möglichst schnell aus den Siedlungsbereichen zu leiten. Doch wozu führt das heute?
National Geografic titelte unlängst "Deutschland trocknet aus!" und begründete diese erschreckende These damit, dass Regenwasser schnell abgeleitet wird. Noch heute werden Flächen an den Rändern "drainagiert", kein Acker in Bayern ohne Entwässerungsgraben. Wasser in Form von Teichen und feuchten Wiesen fehlt in der gesamten Landschaft. Verbleibende Gewässer wie Teiche in der freien Landschaft sind massiv mit Dünger- und Spritzmitteln belastet.
Dazu fehlt flächendeckend, durch die vielen Drainagegräben (die Niederschlagswasser schnell in Flüsse ableitet), die Möglichkeit, dass Wasser langsam versickert und das Grundwasser speist. Der Grundwasserspiegel sinkt!
Intakte, aquatische Lebensräume sind fast flächendeckend verschwunden und mit ihnen ihre früheren Bewohner wie Laubfrosch oder Gelbbauchunke. Diese Kleinstgewässer sorgten in der Vergangenheit für zwei hilfreiche Mechanismen:
Traten Flüsse über die Ufer, liefen diese Becken voll und schützten Ortschaften vor Hochwasser. Nach dem Regen versickerte das Wasser langsam und wurde dem Grundwasser zugeführt.
Im naturnahen Garten wird Wasser von je her oberflächlich genutzt, gespeichert in temporären Teichen, wo es zahlreichen Pflanzen und Tieren Lebensraum bietet und schließlich langsam versickert und dem Grundwasser zugeführt.
Es wird jetzt Zeit zu handeln, denn die politischen Ziele, welche ständig verfehlt werden, retten uns nicht. Retten wir uns also selbst. Ein naturnaher Garten kann ein erster Schritt sein!
Unkrautfrei
Oft wird uns Naturgartengestalter:innen vorgeworfen, unsere Praktiken seien verschwenderisch, gerade bei Neuanlagen von Wiesen oder Beeten, weil oftmals großzügig Oberboden ausgetauscht wird, und mit Sand oder Schotter aufgefüllt.
Hier soll erklärt werden, wozu dies dient und wie es auch sehr nachhaltig gelingen kann!
Häufig finden wir "gestörte Böden" vor, mit denen wir arbeiten sollen. Gestört deswegen, weil sie vielleicht ehemalige Ackerflächen sind, also Böden, welche sich durch ständige Bearbeitung (Ackern, Eggen,...) auszeichnen. Hier finden sich häufig sog. "Störungszeiger-Pflanzen". Also Pflanzen, welche mit solchen Bedingungen gut umgehen können und den Boden rasch versuchen zu schließen, etwa Quecken oder Seggen. Diese verbreiten sich durch Wurzelausläufer und machen bald einen dichten Teppich. Unterstützung finden Sie durch "Einjährige Arten". Darunter oft Neophyten wie das Französische Berufkraut. Auch Flächen aus Melde, etc. sind ein häufigste Bild. Schnellwüchsige Pioniere also, die selten das darstellen, was wir uns unter einer Blumenwiese oder einer Staudenmischpflanzung vorstellen. Sie verschatten die Ansaatfläche und die Lichtkeimer kommen nicht zum Zuge. Schröpfschnitte können natürlich helfen.
Ist der Boden aber durch künstliche Düngung grundsätzlich nährstoffreicher, als für die typische Flora zuträglich, werden manche Arten ganz verdrängt werden und wir bezahlen die Verwendung des vorhandenen Bodens mit einer artenarmen Fläche, die auch über regelmäßige Mahd erst nach Jahrzehnten mager genug wird, um mehr Arten zuzulassen.
Hätten wir nur lange genug Zeit und eine intakte Wiese in der Nähe, die als Spenderfläche für ausdauernde Wildblumensamen zur Verfügung steht, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis sich durch zweimalige Mahd und Aushagern der Fläche eine schöne, artenreiche Wiese entwickelt.
Da wir diese Zeit und Ausdauer nur selten haben (es gibt Möglichkeiten ohne Bodenaustausch zu arbeiten, z. B. Burro-Methode, Artenanreicherung, etc.) ist es oft ratsam, auf "sauberen Böden" aus mageren Substraten zu starten.
Die einfachste und vermutlich nachhaltigste Variante ist die, die oberste Bodenschichten (Oberboden und Unterboden bzw. Rohboden) zu vertauschen. Also etwa die oberen 30 cm Boden mit einer Umkehrfräse zu vertauschen. Oder in zwei Gängen Oberboden vom Rohboden zu trennen, um den Oberboden unten hinein und den Unterboden oben auf zu geben.
So erhält man in der Regel unkrautfreien Rohboden auf dem eine Ansaat und Pflanzung heimischer Wildstauden gut gelingen kann.
Sie argumentieren jetzt vielleicht, dass der kostbare Humus verschwindet und das Bodenleben gestört wird. Im Grunde haben Sie recht. Nur wägen wir nun ab, ob ein artenreicher Wildblumenflor oder Humus wertvoller ist. Und es wird ja nur einmal bei der initialen Anlage so verfahren.
Sollte der Humus einer Fläche zur Produktion von Lebensmitteln zugeführt werden können, so wäre diese Variante natürlich vorzuziehen!
©Copyright: Viele Einsichten, die Sie nun gelesen haben, stammen z. T. aus Büchern oder anderen Veröffentlichungen von Reinhard Witt, Katrin Kaltofen, Markus Gastl, Dave Goulson und anderen herausragenden Denkern, Autoren und Naturgartengestaltern, denen wir unser Wissen verdanke. An dieser Stelle: Danke!